Autor: herr mika

Himmel und Erde von der Birne (mit ein bisschen Hölle)

Der Herbst fegt die Bäume kahl, die Gärtner und die Bauer holen die Ernte ein. Nach einem langen Tag, es fröstelt bereits und dunkelt früh, freut man sich auf einen Teller mit heißen und innerlich wärmenden Essen. Ein typisch deutsches Herbst- und Wintergericht ist Himmel und Erde. Der gepflückte Apfel aus dem hohen Baum trifft in der Küche auf die aus der Erde geholte Kartoffel. Die Kartoffel wird in manchen deutschsprachigen Regionen noch immer Erdapfel genannt, auch die Franzosen sagen pomme de terre, der „Apfel des Bodens“. So trifft der Himmel auf die Erde. Schon immer wollte ich mit dem Cousins von Apfel und Kartoffel „Himmel und Erde“ zubereiten: Birne und Topinambur, gelegentlich noch Erdbirne genannt. Das Zeitfenster im Herbst, um beide zusammen zu bringen ist kurz. Birnen lassen sich meist nicht so lange lagern wie Äpfel, und Topinambur ist oft erst spät im Herbst geerntet und gehandelt.

Himmel und Erde von der Birne

Zutaten

Pro Portion

300g Tobinambur

2 kleine Birnen, nicht mehr zu fest

1 kleine (rote) Zwiebel

50g Blutwurst im Ring

etwas Salz

20g Butter

1 Schuss Sahne

Anweisungen

Die Birnen waschen vierteln und vom Kerngehäuse und den Stielen befreien. Die Butter in ein Auflaufform geben und bei 180 Grad im Ofen backen. Nach 15 Minuten die in halbe Ringe geschnitten Zwiebeln unter den Birnen in die Butter geben. Die Blutwurst in 5mm breite Scheiben schneiden und in einer weiteren Auflaufform ebenfalls in den Ofen stellen. Gelegentlich die Wurstscheiben wenden und die Birnen mit den Zwiebeln umrühren.

Die Topinambur mit Wasser und Gemüsebürste säubern und mit Wasser und ein wenig Salz in einem Topf weich kochen. Anschließend das Wasser abschütten und die Topinambur mit Schale und mit ein wenig Sahne zerdrücken und verrühren. Warm stellen.

Wenn die Birnen weich, die Zwiebel und die Blutwurstscheiben kross sind, zusammen mit den Topinambur-Püree auf einem Teller anrichten.

Handkäs-Omelett mit Frühlingskräutern

Es ist wieder Frühling und trotz des wechselhaften Wetter des vergangenen Winters, das die regionalen Kräutergärtnereien ziemlich in Bedrängnis brachte, steht mein Sinn nach frühlingsfrischen Eierspeisen zum Frühstück. Omelett ist einer meiner Favoriten unter den Eierspeisen am Frühstückstisch, dass sich so herrlich variantenreich gestalten läßt. Mein Lieblingsrezept ist derzeit Handkäs-Omelett mit Frühlingskräutern. Die Kräuter entnehme ich einer Packung Frankfurter Grüne Soße Kräuter, die ich derzeit für alles mögliche benutze, denn die einzelnen Kräuter verleihen verschiedensten Gerichten ein tolles Aroma. Für das Omelett nehme ich bevorzugt Kresse, Petersilie und Schnittlauch, ein bisschen Sauerampfer darf auch drin sein.

Handkäs-Omelett mit Frühlingskräutern

Zutaten

3 Eier

1 Handkäs

etwas Salz

1/2 TL ganzen Kümmel

1/2 TL frischer grüner Pfeffer, ganz (aus dem Glas)

1 Handvoll gehackten frischen Kräuter nach Wahl

Anweisungen

Den Handkäs in kleine Stückchen schneiden und mit den Eiern, klein gehackten Kräuter und den Gewürzen zusammenrühren. Pfanne erhitzen mit einem kleinen Stückchen Butter und die Eimasse hineingeben. Mit einem Deckel abdecken. Wenn die Masse weitestgehend fest ist und der Handkäs auf der Unterseite schön kross ist, das Omelett wenden und eine kurze Zeit weiter braten. Dabei kann die Herdplatte bereits ausgeschaltet werden, um nur die Restwärme zu nutzen.

Die Mandel III | MANDELMILCH & MANDELSIRUP

Teil III

Mandelmilch und Mandelsirup

Veganer, Laktose- und Milcheiweißintolerante schätzen pflanzliche Milchsurrogate und haben sie wieder populär gemacht. Sojamilch, Hafermilch und auch Mandelmilch füllen in den letzten Jahren selbst die Regale kleiner Dorfläden; kaum ein Café mehr, dass nicht zum Kaffee auch irgendeine laktosefreie Ersatzmilch anbietet. Und im Gegensatz zu Surrogaten aus Soja, darf die Mandelmilch auch weiterhin Milch bezeichnet werden, da die EU-Richtlinien historische Bezeichnungen traditioneller Lebensmittel weiterhin erlauben. Denn die Milch aus Mandeln war nur fast vergessen. Im Mittelalter gab es wohl kein Kochbuch ohne ein Rezept für Mandelmilch. Denn: Im Gegensatz zu tierischer Milch war Mandelmilch auch in der Fastenzeit erlaubt. Länger als gemolkene Milch lassen sich die ganzen Mandeln lagern, bis sie zur Mandelmilch verarbeitet werden; auch in heißeren Klimazonen. Sie ist ein Ausgangsprodukt für viele Speisen. Mit Mandelmilch lässt sich kochen und backen und erfrischende, manchmal auch stark nährende Getränke herstellen.

Bereits Franz Grillparzer erwähnt in seiner Selbstbiographie, das Mandelmilch und Torte „eine starke Nebenbuhlerschaft mit dem geistigen Genusse“ der im großmütterlichen Hause aufgeführten Konversationsstücken darstellten.

Im Handel sind gesüßte und ungesüßte Milchsurrogate aus Mandeln erhältlich, allerdings versetzt mit einer Vielzahl an Stabilisatoren, Emulgatoren und gelegentlich auch noch Aromen. Dabei ist die Herstellung von Mandelgetränken gar nicht schwierig. Die im 19. Jahrhundert sehr erfolgreiche Kochbuchautorin Wilhelmine Rührig listet gleich vier Rezepte in ihrem „Praktischen Frankfurter Kochbuch“ auf, und zeigt so die Varianten der Mandeltrünke von einer frischen, gesüßten Mandelmilch über eine Art Kondenzmandelmilch bis zu den Sirupen.

Frische Mandelmilch

Zutaten

188 Gramm (12 Loth) Mandeln

157 Gramm (10 Loth) fein gestoßener Zucker

1 1/2 Liter (1 Maas) kaltes Wasser

Anweisungen

188 Gramm (12 Loth) Mandeln werden abgebrüht, geschält, so fein als möglich gestoßen und, erst nachdem dies geschehen, genau gewogen. Alsdann werden sie mit 157 Gramm (10 Loth) fein gestoßenem Zucker und 1 1/2 Liter (1 Maas) kaltem Wasser 4 bis 5 Stunden lang eingeweicht, hierauf durch ein feines starkes Tuch so fest als möglich ausgedrückt und zum Gebrauch in Flaschen gefüllt.

Quelle: Wilhelmine Rührig: Praktisches Frankfurter Kochbuch, Frankfurt am Main 1877

 

Mandelmilch zum Aufbewahren

Zutaten

375 Gramm (3/4 Pf.) süße Mandeln

48 Gramm (3 Loth) bittere Mandeln (lässt sich durch Bittermandelöl ersetzten)

250 Gramm (1/2 Pfd.) fein gestoßener Zucker

1 1/2 Liter (4 Schoppen) Wasser

Anweisungen

Um 1 1/8 Liter (3 Schoppen) Mandelmilch zu erhalten, brüht und schält man 375 Gramm (3/4 Pf.) süße und 48 Gramm (3 Loth) bittere Mandeln, stößt sie recht fein, nimmt dann 250 Gramm (1/2 Pfd.) fein gestoßenen Zucker daran, tut 1 1/2 Liter (4 Schoppen) Wasser hinzu, kocht dies unter beständigem Rühren 1/2 Stunden lang, preßt es nun durch ein reines Tuch und füllt es kalt in Flaschen, die man fest zukorkt und dann im Keller aufbewahrt. Will man nun Mandelmilch für den Gebrauch haben, nimmt man 3 bis 4 Esslöffel voll von dem Vorrath in eine Flasche und füllt sie mit frischem Brunnenwasser auf, dann ist sie sofort zum Trinken sehr gut.

Quelle: Wilhelmine Rührig: Praktisches Frankfurter Kochbuch, Frankfurt am Main 1877

 

Mandelmilchsyrup

Zutaten

250 Gramm (1/2 Pf.) süße Mandeln

63 Gramm (1/8 Pf.) bittere Mandeln (lässt sich durch Bittermandelöl ersetzten)

etwas Zimt

1/4 Liter (1/2 Schoppen) Wasser

1/2 Kilo (1 Pf.) Zucker

1/4 Liter (1/2 Schoppen) Wasser

Anweisungen

250 Gramm (1/2 Pf.) schöne süße und 63 Gramm (1/8 Pf.) bittere Mandeln werden durch Abbrühen geschält und mit etwas Zimmt und Wasser so fein als möglich gestoßen. Dann kommt weiter 1/4 Liter (1/2 Schoppen) Wasser daran, um es nochmals zu stoßen, worauf es durch ein feines Tuch gedrückt wird. Unterdeß läutert man 1/2 Kilo (1 Pf.) Zucker mit 1/4 Liter (1/2 Schoppen) Wasser unter gutem Schäumen und läßt ihn mit dem Mandelsaft kochen. Man wärmt dann eine Flasche auf Kohlen oder im Ofen, fühlt den Syrup heiß hinein, rüttelt ihn tüchtig um, verkorkt die Flasche gut und kann den Syrup so Jahrelang aufbewahren. Zum Genuß wird er nach Belieben mit Wasser verdünnt.

Quelle: Wilhelmine Rührig: Praktisches Frankfurter Kochbuch, Frankfurt am Main 1877

 

Syrop d’orgeade

Zutaten

1/2 Kilo (1Pf.) süße Mandeln

48 Gramm (3 Loth) bittere Mandeln (lässt sich durch Bittermandelöl ersetzten)

1/2 Kilo (1 Pf.) feiner Zucker

1/4 Liter (1/2 Schoppen) Wasser

Anweisungen

1/2 Kilo (1Pf.) süße und 48 Gramm (3 Loth) bittere Mandeln werden gebrüht, geschält und mit etwas Wasser oder Zucker recht fein gestoßen. Sodann wird 1/2 Kilo (1 Pf.) feiner Zucker mit 1/4 Liter (1/2 Schoppen) Wasser unter öfteren Umrühren so lange gekocht, bis, wenn man mit dem Zeigefinger ein wenig von dem Löffel streicht und mit Hülfe des Daumens auseinanderzieht, sich ein kleiner Faden bildet, der sogleich bricht und einen Tropfen auf dem Daumen zurückläßt. Alsdann müssen die gestoßenen Mandeln auf gelindem Feuer nach und nach darunter gerührt und alles noch warm durch ein leinenes Tuch gepreßt werden. Man füllt nach völligem Erkalten diesen Syrup in Flaschen, worin er sich sehr lange aufbewahren läßt.  Besonders für Reisende ist dieser Syros sehr empfehlenswert, indem man sich auf die schnelle Weise durch Beimischung von Wasser einen sehr labenden Trank bereiten kann.

Quelle: Wilhelmine Rührig: Praktisches Frankfurter Kochbuch, Frankfurt am Main 1877

 

Mandelmilch enthält mehr Mandeln als Zucker und kommt in seiner puren Form sogar ganz ohne Süßung aus. So zum Beispiel bei Henri-Paul Pellaprat:

Mandelmilch (Le lait d’amandes)

Zutaten

150 g frisch geschälte Mandeln

3 dl kaltes Wasser (oder Milch)

Anweisungen

150 g frisch geschälte Mandeln ganz fein reiben und dabei nach und nach 3 dl kaltes Wasser hinzufügen um ein Öligwerden zu verhindern. Fest durch ein starkes, sauberes Tuch drücken, wobei die Flüssigkeit das Aussehen von Milch gewinnt. Man kann anstelle des Wassers auch Milch nehmen.

Quelle: Henri-Paul Pellaprat: Die moderne französische Kochkunst, Lausanne 1963

Ganz schnell lässt sich eine Mandelmilch aus Mandelmus herstellen, von dem ein bis zwei Löffel in einem Glas Wasser verrührt werden. Mandelmus entsteht, in dem Mandeln langsam und ausdauern immer feiner zerrieben werden. Nach einer Weile löst sich das Öl aus den Mandeln. Es gibt zwei Sorten: weißes Mandelmus aus blanchierten Mandeln und braunes Mandelmus aus gerösteten ungehäuteten Mandeln. Mit viel Geduld kann man Mandelmus auch zuhause herstellen. Dazu die Mandeln in einen Standmixer geben und ohne Zugabe von Wasser zerhacken. Immer wieder das Gerät ausschalten und lange Pausen machen, so dass sich weder das Gerät oder die Mandeln zu sehr erhitzen. In den Pausen die Mandelmasse mit einem Löffel oder Teigschaber nach unten drücken. Nach einer Weile sieht man auch hier das Öl austreten.  Dieses Mus wird nicht ganz so fein wie das im Handeln erwerbbare.

 

In den kalten Monaten empfiehlt sich folgendes Rezept aus dem Buch „Die Küche und ihre Jahreszeiten“, das die Frauenrechtlerin und Journalistin Barbara v. Treskow zusammen mit dem Berliner Musikkritiker und Librettist Dr. Erich Urban 1935 herausgegeben hat:

Heiße Mandelmilch

Zutaten

250 g Mandeln

1/4 Tasse Wasser

3/4 Tasse Sahne

Anweisungen

250g Mandeln werden gebrüht, geschält und gemahlen. Dann gießt man 1/4 Tasse Wasser und 3/4 Tasse Sahne dazu, quirlt tüchtig und gießt die Mandelmilch durch ein Sieb. Man lässt sie mit 40g Zucker heiß werden.

Quelle: Barbara v. Treskow / Dr. Erich Urban: „Die Küche und ihre Jahreszeiten“, Berlin 1935 

Zur Herstellung von Sirup benötigt man dagegen gleich viel oder mehr Zucker als Mandeln zur Herstellung. Im Handel erhältliches Orgeat besteht oft nur aus mit Bittermandelaroma versetztem Zuckersirup.

Unter dem Namen Orgeat ist Mandelsirup als klassische Cocktailzutat in Bars weltweit bekannt. Der Name selbst weißt auf den Ursprung als Gerstenmilch oder -gebräu hin. Orge heißt die Gerste auf französisch, Orde auf Italienisch und die Mandelmilch Orzata. In Spanien lässt sich mit dem spanischen Wort für Gerste Cibada immer noch ein wohl bei den alten Römern bekanntes Gerstengetränk bestellen, während Horchata (siehe auch lat. Hordeum) meist eine Erdmandelmilch bezeichnet.

Rund um das Mittelmeer ist Mandelmilch bekannt und als erfrischendes Getränk beliebt, gerne auch mit dem Zusatz von etwas Orangenblütenwasser, egal ob es nun Laban al Loz (Marokko), Rozata (Tunesien), Ruġġata (Malta, allerdings mit Bittermandeln und Vanille) oder Soumatha (Griechenland) heißt. Mit frischer Mandelmilch lassen sich auch sehr gut Milchshakes zubereiten, z.B. mit pürierter Banane. Für ein Laban al Loz empfiehlt sich, die Mandelmilch von Pellaprat mit 1-2 EL Orangenblütenwasser zu verrühren, für den Bananenmilchshake eine Banane mit einem Liter der Frischen Mandelmilch von Rührig im Blender pürieren.

 

Vielerorts wird anstelle des Wassers auch Milch genommen, was schon Pellaprat erwähnte und zu einem gehaltvolleren Getränk führt.

Etwas spritziger ist der alkoholfreie Cocktail Orgeat Fizz durch die Zugabe von Zitrone und Kohlensäure. Das folgende Rezept entstammt dem „Jahrhundert-Mixbuch“, das der ehemalige Barchef der Kronenhalle in Zürich Peter Roth und der Koch, Restaurantbesitzer und Kochbuchauthor Carlo Bernasconi 1999 veröffentlich haben.

Orgeat Fizz

Zutaten

2 cl Zitronensaft

2 cl Mandelsirup

Eiswürfel

Sodawasser

Anweisungen

2 cl Zitronensaft und 2 cl Mandelsirup im Shaker mit 3 bis 4 Eiswürfeln schütteln und durch das Barsieb in ein Longdrinkglas seihen. 3 bis 4 Eiswürfel dazugeben, mit Sodawasser auffüllen und umrühren.

Quelle: Peter Roth / Carlo Bernasconi: Das Jahrhundert Mixbuch, Niedernhausen 1999




Die Mandel – Die Schöne und Noble aus dem Morgenland

Mandeln sind heute alltäglich, man rührt sie morgens ins Müsli und knabbert sie abends in der Bar zum Cocktail. Und was wäre Weihnachten ohne gebrannte Mandeln, Makronen, und die vielen mit Mandeln dekorierten Gebäcke? Ohne Marzipan würde man viel seltener an Lübeck denken, ist die Stadt doch das deutsche Mekka dieses Haremskonfekts, wie Thomas Mann es nannte.

Im Mittelalter waren Mandeln noch die schönen und sehr teuren Exoten aus dem fernen Morgenland, der Kaviar unter den Nüssen und Kernen. Zur Haute Cuisine zählten Mandelbrei und Marzipan, und in der mittelalterlichen Küche war die Mandelmilch die Allzweckwaffe zur Veredelung unzähliger Speisen.

Rezepte für Suppen, Fleisch- und Fischgerichte bis hin zu Desserts und Getränken: die Mandel ist nicht nur nahrhaft sondern auch vielseitig. Und die Geschichte europäischer Mandelrezepte ist gelegentlich kurios.

Eine Blog-Serie auf herr mika | Tafelkultur

Mandelbaum-Mythen & -Märchen

Die Mandel – Die Schöne und Noble aus dem Morgenland

Mandeln sind heute alltäglich, man rührt sie morgens ins Müsli und knabbert sie abends in der Bar zum Cocktail. Und was wäre Weihnachten ohne gebrannte Mandeln, Makronen, und die vielen mit Mandeln dekorierten Gebäcke? Ohne Marzipan würde man viel seltener an Lübeck denken, ist die Stadt doch das deutsche Mekka dieses Haremskonfekts, wie Thomas Mann es nannte.

Im Mittelalter waren Mandeln noch die schönen und sehr teuren Exoten aus dem fernen Morgenland, der Kaviar unter den Nüssen und Kernen. Zur Haute Cuisine zählten Mandelbrei und Marzipan, und in der mittelalterlichen Küche war die Mandelmilch die Allzweckwaffe zur Veredelung unzähliger Speisen.

Rezepte für Suppen, Fleisch- und Fischgerichte bis hin zu Desserts und Getränken: die Mandel ist nicht nur nahrhaft sondern auch vielseitig. Und die Geschichte europäischer Mandelrezepte ist gelegentlich kurios.

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Teil I

Mandelbaum-Mythen & -Märchen

Kurios sind bereits die Enstehungsmythen des Mandelbaums. Agdistis war ein zweigeschlechtliches, furchterregendes Wesen, entstanden aus einem auf die Erde darnieder getropften nächtlichen Samenerguss des Zeus. Von den Göttern seiner Männlichkeit beraubt, entwuchs dem abgeschnittenen und vergrabenen Genital des Agdistis ein Mandelbaum. Oder entstand erst aus dem nun nur noch das weibliche Geschlecht besitzenden Agdistis die Kybele, Liebhaberin des aus dem vergrabenen Hoden entstandenen Attis? Kybele verletzte sich auf einem Frühlingsspaziergang ihr zierliches Füßlein an einem Dorn; und aus dem vergossenen Tropfen Blute wuchs dann der erste Mandelbaum? Noch zu einfach? Da gab es auch noch die Nymphe Nana, Tochter des Flussgottes Sangarius. Nana pflückte sich eine Frucht von eben dem Baum, der aus Agdistis Genital gewachsen war. Nana drückte die Mandel auf ihre Brust, wurde schwanger und gebar den Attis. Eine Form von indirekter Empfängnis.

In einer weiteren, etwas komplizierteren, Version wird Agdistis von Dionysos überlistet. Dionysos verwandelte eine Wasserquelle in eine Weinquelle, aus der Agdistis trank. Der Alkohol berauschte, die Müdigkeit übermannte das Zwitterwesen. Dionysos band die männlichen Geschlechtsorgane an einen Baum. Schließlich schreckte Agdistis aus dem Schlaf hoch, sprang auf und entmannte sich selbst. Aus dem Blut des abgerissenen Gliedes entwuchs kein Mandel- sondern ein Granatapfelbaum, von dem Nana, Tochter des Flussgottes Sangarius schwanger wurde, wie oben schon beschrieben. Nur dass es sich um einen Granatapfelkern und nicht einen Mandelkern handelte. Der geborene Knabe, Attis genannt, wurde ausgesetzt. Eine in Ostia gefundene Statue zeigt Attis mit einem Granatapfelzweig in der rechten Hand. Zum schönen Jüngling erwachsen stritten sich Kybele und Agdistis um ihn. Attis sollte aber Ia, Tochter des Königs Midas heiraten. Midas war wiederum ist Sohn des Gordios und der Kybele. Die eifersüchtige Agdistis versetzte den Attis in den Wahnsinn, so dass sich dieser sich selbst entmannte und starb. Aus seinem Blute des von Kybele vergrabenen Gliedes erwuchsen Veilchen, die den Fichtenbaum umkranzten, unter dem das Unglück stattfand. Auch Ia nahm sich das Leben, und auch auch aus ihrem Blute erwuchsen Veilchen. Die Blumen wurden von Kybele verscharrt und nun entstand daraus ein: Mandelbaum.

Vielleicht war es aber die Phyllis, die sich in einen der Söhne von Theseus und Phaedra verliebte. Ob es nun Akamas war oder sein Bruder Demophon bleibt ungeklärt. Wer es auch war, er versprach der Phyllis die Heirat und reiste von dannen, mit dem Versprechen der baldigen Wiederkehr. Er kam zu spät. Phyllis erhängte sich vor Einsamkeit und Liebeskummer und verwandelte sich in einen kahlen Mandelbaum. Nun doch zurückgekehrt umarmte in Trauer Akamas (oder Demophon) den Baum, der sofort wundersam und schön zu blühen begann. Manchmal gleicht die griechische Mythologie einer großen Gerüchteküche.

Nach soviel Blut- und Samengeschichten wird die Mandel im Christentum ganz brav. Sie steht für die Unbefleckte Empfängnis. Die Mandorla wird ein Kennzeichen für Maria in der christlich-künstlerischen Bildsprache. Auf Bildnissen der Maria wird diese von der Mandorla cunnusartig umrahmt.

Allerdings erwähnt nur das Alte Testament den Mandelbaum. So erhielt zum Beispiel Mose von Gott den Auftrag einen mobilen Zelttempel zu errichten. Zu dessen Ausstattung gehörte auch ein Leuchter, die Menora. Die Beschaffenheit des Leuchters ist genau beschrieben:

„Du sollst auch einen Leuchter aus feinem Golde machen, Fuß und Schaft in getriebener Arbeit, mit Kelchen, Knäufen und Blumen. Sechs Arme sollen von dem Leuchter nach beiden Seiten ausgehen, nach jeder Seite drei Arme. Jeder Arm soll drei Kelche wie Mandelblüten haben mit Knäufen und Blumen. So soll es sein bei den sechs Armen an dem Leuchter. Aber der Schaft am Leuchter soll vier Kelche wie Mandelblüten haben mit Knäufen und Blumen und je ein Knauf soll unter jedem Paar der sechs Arme sein, die von dem Leuchter ausgehen. Beide, Knäufe und Arme, sollen aus ihm hervorgehen, ganz und gar aus lauterem Gold getrieben.“ [Ex 25,31-40]





Auch in die deutschen Volksmärchen hat die Mandel Eingang gefunden. Johann Wilhelm Wolf (1817-1855) notierte Märchen, Sagen und Lieder, die er mit seinem Schwager Wilhelm von Ploennies auf Wanderung durch den Odenwald oder unter den Soldaten der Armee des Großherzogtums Hessen-Darmstadt fand. 1851 veröffentlichte Wolf im Buch Deutsche Hausmärchen das Märchen von den  „Mandelkörbchen“. Ein Bauer schickt seine drei Söhne in den Wald, das Tagwerk zu verrichten. Die beiden Älteren, von schöner Gestalt, verbringen allerdings den Tag mit Murmelspielen. Bei Einbruch der Dämmerung versuchen Sie hektisch, ein wenig der Arbeit aufzuholen. Dabei zerbrechen Sie Ihre Geräte. Das Geschrei ist groß, die Angst vor dem Vater auch. Ein seltsamer Mann hört ihr Klagen und will Ihnen helfen, indem er jedem der Brüder einen Wunsch gewährt und erfüllt. Der Älteste wünscht sich, dass seine zerbrochene Hacke wieder heile ist, der Zweitälteste wünscht sich eine schöne Frau. Der Jüngere aber wünscht sich ein Schloss, in dem die ganze Familie einziehen kann, mit einem Mandelbaum davor, dessen Früchte alle Krankheiten kurieren können. Einige Zeit später lässt der König des Landes kundtun, dass seine Tochter eine seltene, bislang nicht heilbare Krankheit hat, und dass derjenige, der sie kurieren kann, sie zur Frau bekommen wird. Der Bauer schickt seinen ältesten Sohn mit Früchten des Mandelbaums los, in einem Körbchen verpackt, abgedeckt mit einem Tuch. Auf dem Weg zur Königstocher wird der Älteste von einem Männchen im Wald angesprochen, was der Jüngling da im Körbchen habe. Der Jüngling schwindelt, er habe nichts. Verärgert über die Lüge und den Geiz, dem Männlein nicht eine einzige Mandel abgeben zu wollen, verzaubert er das Körbchen und lässt die Mandeln verschwinden. Das leere Körbchen erzürnt natürlich den König und, zuhause wieder angekommen, auch den Vater. Dem Zweitältesten ergeht es ebenso. Als dann der jüngste Sohn sein Glück versucht und ebenfalls vom Männlein angesprochen wird, gibt dieser ihm bereitwillig ein paar Mandeln ab. So bleibt ihm das Verschwindenlassen der Mandeln erspart, und die Königstocher kann kuriert werden. Da der jüngste Sohn nicht der schönste und nur ein Bauerssohn ist, stellt ihn der König vor einige weitere vermeintlich unlösbare Herausforderungen, bis er schlussendlich die Königstocher heiraten kann.

Giambattista Basile veröffentlichte 1634/36 seine Märchensammlung Pentameron, in der sich auch die Geschichte von Pinto Smauto befindet: Ein Kaufmann will seine Tochter gerne verheiratet sehen, doch diese behauptet ihre Freiheit und ist durch nichts umzustimmen. Beim Aufbruch zu einer Messereise fragt der Kaufmann seine Tochter, was er ihr mitbringen möge. Sie antwortet ihm: „Wenn du mich liebhast, Väterchen, so bringe mir einen halben Zentner Palermozucker, einen halben süße Mandeln, vier bis sechs Flaschen wohlriechendes Wasser, etwas Moschus und Ambra, ferner etwa vierzig Stück Perlen, zwei Saphire, einige Granaten und Rubine, etwas Goldgespinst, besonders aber einen Backtrog und Kratzmesser von Silber.“ Mit diesen Zutaten und mit den erbetenen Backwerkzeugen schließt sie sich in ihrer Kammer ein und erschafft einen Jüngling aus Marzipan mit Haaren aus Goldfäden, Augen aus Saphiren, Zähnen aus Perlen und Lippen aus Rubinen. Und sie bittet mit Beharrlichkeit die Liebesgöttin ihrem Marzipanmann, den sie Pinto Smauto (der „Emaillierte“) nennt, Leben einzuhauchen. Ihn nun will sie heiraten, aber Pinto Smauto wird von einer bösen Königin entführt und es dauert eine Weile, bis die Kaufmannstochter glücklich und zufrieden zusammenleben können.

Die Anpflanzung der vielen Mandelbäume in der Algarve im Süden Portugal soll auf eine andere Liebesgeschichte zurückgehen. Der junge Emir Ibn-Almundin, der in der Region Al-Gharb lebte, verliebte sich in eine schöne junge Frau aus dem hohen Norden, Gilda war ihr Name. Sie lebten eine Weile glücklich, bis Gilde an Schwermut erkrankte. Ein alter Mann, der ebenfalls aus dem Norden stammt, gab dem jungen Emir eine Rat. Gilda vermisse den Blick auf Schnee. Und da Schnee nun mal in Al-Gharb nie fällt solle der Emir viele Mandelbäume pflanzen lassen, die mit ihrer frühen weißen Blütenpracht, als erste Frühlingsboten die Landschaft „verschneien“ lassen. Dieser tut wie geheißen, und Gilda und Ibn-Almundin leben noch viele Jahre glücklich zusammen.

Die Mandeln hat es in den Kreis der Lebensmittel geschafft, die eine bestimmte Form bezeichnen. Während ei-, apfel- oder birnenförmig bei der Beschreibung eines Menschen oft negatives beschreiben, gelten mandelförmige Augen aber als besonders schön. Die Schönheit von karottenförmigen Hosen ist Ansichtssache. Wer schön sein will kann schon seit langem auf eine Vielzahl von Kosmetika mit Mandeln zurückgreifen: Mandelseifen, Mandelöl oder auch Reinigungsprodukte mit Mandelkleie für das sanfte Abreiben der Haut.


Literatur
Giambattista Basile: Das Pentameron, 1634 in der Übersetzung von Felix Liebrecht, Leipzig 1979 [online auf Projekt Gutenberg] Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen, Göttingen/Leipzig 1851 [online auf zeno.org]

Die unbekannte Tee-Stadt Frankfurt am Main

Wer denkt nicht vor allem an Hamburg, Bremen und Ostfriesland, wenn über Tee und dessen Geschichte in Deutschland gesprochen wird? Wer denkt da schon an Frankfurt am Main? Oder an die weit im Binnenland liegenden deutschen Städte, aus denen uns die ältesten Hinweise auf Tee in den sogenannten Apothekertaxen überliefert sind? Diese Städte liegen mit Ausnahme von Lübeck (dort wird Tee in der Taxe erstmals 1662 erwähnt) alle nicht am Meer: Dresden (1652), Nordhausen (1657), Ulm (1664) Leipzig (1669) und Erfurt (1690). Die älteste Erwähnung in den Apothekertaxen in Frankfurt am Main stammt erst aus dem Jahr 1716.[i] Doch der Teehandel in der Mainstadt lässt sich weiter zurückverfolgen. Viele norditalienische Kaufmannsfamilien hatten ihre Ursprünge als Transporteure und Händler von Zitrusfrüchten aber auch Gewürzen und Spezereien. Diese Waren brachten sie über die Alpen in die süddeutschen Städte. Sie reagierten schnell auf die Verlagerung des Seehandels von Venedig in die Niederlande. Familien wie die Guaitas oder Brentanos gründeten mit Familienzweigen Niederlassungen in Städten wie Amsterdam und Rotterdam. Zudem etablierten sie Verwandte auch in den Absatzstädten wie Frankfurt: Matthäo Guaita gründete mit seinem Bruder 1665 ein Handelsunternehmen in Frankfurt am Main. Ansässig war das Unternehmen im Nürnberger Hof, eine der besten Adressen in der Messestadt. In einer Zeitungsannonce bot Guaita bereits 1686 an erwähnter Adresse Tee in kleinen und großen Mengen zum Kauf an.[ii] Viele Händler nahmen die neuen warmen Getränke Tee, Kaffee und Schokolade in ihr Sortiment auf. Ebenso das heute meist nur als Bank bekannt Handelshaus Gebrüder Bethmann. Es entstand, als 1745 Philipp Bethmann die Handlung seines verstorbenen Onkels Jakob Adami übernahm, und 3 Jahre später seinen Bruder Simon Moritz mit ins Unternehmen holte. Bereits in Adamis Nachlass ist Tee als Lagerbestand verzeichnet. Auch wenn man sich mehr und mehr auf das Bankgeschäft konzentrierte, mit Tee handelten und spekulierten die Bethmanns bis ins 19. Jahrhundert. Bereits 1726 (manche Quellen nennen auch 1730) gründete der aus Dortmund stammende Handelsmann Heinrich Friedrich Schmidt in Frankfurt das erste Teehandelshaus, das später unter dem Namen Thee-Schmidt bekannt wurde. In den Teehandel stiegen auch Frankfurter jüdische Händler ein. Sie bekamen 1773 in mehreren Rechtsgutachten bescheinigt, dass das in der Stättigkeit geregelte Verbot für jüdische Kaufleute, mit Spezereien zu handeln, nicht für Tee, Kaffee und Zucker galt.

Frankfurt am Main war in dieser Zeit Tee-Stadt: Preise der ausländischen Teeauktionen wurden regelmäßig in den Frankfurter Zeitungen veröffentlicht und der Tee stieg zu einem hochrangigen Gesellschaftsgetränk auf. Es wurde kaum noch eine Einladung ausgesprochen, bei der man nicht mit Tee regaliert wurde: Morgentee, Nachmittagstee, Abendbrottee — letzteres meist mit Butterbrot und Kartenspiel verbunden. Selbst die Bälle firmierten in der Zeit unter dem Begriff Tanztee.

1821 (also zwei Jahre früher als gemeinhin bekannt) nahm Johann Tobias Ronnefeldt in der Frankfurter Altstadt seine Aktivitäten im Handel mit Tee und ostindischen Waren auf.[iii] Er reiste noch den Main und Rhein entlang, um nach Amsterdam, Rotterdam und dann über den Ärmelkanal auch nach London für den Einkauf seiner Waren zu gelangen. Frankfurter Teehändler dominierten den Teehandel im Süden der deutschen Staaten. Unter der Ägide der Witwe des Unternehmensgründers, Friederike Ronnefeldt fallen die Eröffnungen von „Niederlagen“; örtliche Händler in Städten wie Augsburg, Regensburg und München inserierten fleißig, dass sie Ronnefeldt-Tee in gleich hoher Qualität und zu gleich gefälligen Preisen wie in Frankfurt am Main anbieten.

Die Firma Eduard Messmer Thee entstand unter der Leitung von Otto Messmer 1886 in Frankfurt als Filiale der 1856 eröffneten Kolonialwarenhandlung des namensgebenden und anteilhaltenden Vaters. Die Filiale konzentrierte sich ausschließlich auf den Teehandel und wurde bereits zwei Jahre darauf vom väterlichen Betrieb losgelöst.[iv] Zur Förderung des Absatzes ihrer Produkte ging die Firma neue Wege und ließ unter eigenem Namen und auf eigene Kosten in den verschiedenen Städten Annoncen schalten und nannte darin die lokalen Verkaufsstellen.

Die Unternehmen waren natürlich Konkurrenten, doch in Notzeiten fand man zusammen. Eine solche Zeit voller Herausforderungen war die Zeit des Ersten Weltkriegs und die ersten Jahren danach. Mit dem immer länger dauernden Krieg verschlechterte sich die Versorgungslage. Wenn doch mal Lieferungen mit Tee durchkamen, hatte zunächst der Kriegsausschuss, die Reichsbehörde zur Versorgung des Militärs, bevorzugten Zugriff auf den Tee. So waren Tee-Surrogate gefragt. Die beiden Frankfurter Teehäuser Messmer und Ronnefeldt gründeten zusammen die Getränke Gesellschaft m.b.H., die einen koffeinhaltigen Beerenblätter-Tee unter dem Namen Stimula herstellte. Beteiligt an der Unternehmung war auch das Weinhandelshaus Bernhard Wiesengrund, aus dessen Besitzerfamilie Theodor W. Adorno stammte.[v]

In dieser Zeit entstand auch der von ca. 1915 bis 1920 existierende Bund deutscher Teehändler mit Sitz in Frankfurt am Main, und damit erstmals eine reichsweite Vereinigung im deutschen Teehandel. 1. Vorsitzende war Eugen Schmidt-Scharff (Thee-Schmidt), 2. Vorsitzender der Berliner Teehändler Carl Johann Hoelting, Schriftführer Dr. Franz Drücker, ebenfalls aus Frankfurt. Alle drei nahmen 1917 an der Gründungsversammlung des Verbands des Deutschen Teehandels in Kassel teil. Der Bund deutscher Teehändler reklamierte für sich, die Hälfte aller deutschen Teehändler zu vertreten. 1915 betrieb der Bund intensive Lobbyarbeit gegen den Verkauf von Produkten ausländischer Teehandelshäuser in den Wagons und Speisewagen deutscher Bahnunternehmen.[vi] Am 8. April 1916 versammelte man sich in Frankfurt und beschloss einstimmig eine Resolution gegen die vollständige Beschlagnahmung des Tees durch den Kriegsausschuss.[vii] Man befürchtete die Schließung aller Teehandlungen und dadurch große Unruhe in der Bevölkerung.

Eine weitere schwierige Zeit ließ Frankfurt zu einem Zentralpunkt für den deutschen Tee-Import werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg war es den westdeutschen Teehäusern verboten, Handel mit ausländischen Unternehmen zu betreiben. Erwerben konnte man Tee nur von der in Frankfurt ansässigen Joint Export Import Agency (JEIA), die das alleinige Recht für Importe in und Exporte aus den westlichen Besatzungszonen besaß.

Heute ist es in Frankfurt einsam um das Teehaus Ronnefeldt geworden. Das Unternehmen hält heute als letztes Mitglied im Deutschen Teeverband die Fahne hoch in Frankfurt, auch wenn man mittlerweile ein Bein im Norden in Worpswede stehen hat.

Die weiteren drei Frankfurter Gründungsmitglieder des Verbands des deutschen Teehandels verschwanden nach und nach aus der Stadt. Thee-Schmidt wurde 1962 von Messmer übernommen, Messmer selbst kam 1990 zur Ostfriesischen Tee Gesellschaft. Bereits 1972 hatte die Gesellschaft auch die Frankfurter Firma Ernst Grosch Tee erworben. So hat die Ostfriesische Tee Gesellschaft mehrere Frankfurter „Wurzeln“ und trägt mit Messmer weiterhin eine Tee-Marke aus der Mainstadt in die Welt.

[i] Von Lippmann, Edmund O.: Geschichte des Zuckers, 2. Aufl., Heidelberg 1970

[ii] Frankfurter Journal, Nr. 25, Frankfurt am Main 1686; zitiert nach Ulla Heise: Kaffee und Kaffeehaus. Eine Kulturgeschichte, Hildesheim 1987

[iii] Benachrichtigung 1301 In: Frankfurter Ober-Postamts-Zeitung, Nr. 171, Frankfurt a.M. 20.06.1821

[iv] Brief Otto Messmer an Fa. Ed. Messmer Nachf. GmbH vom 21.10.1932, Baden-Baden, Institut f. Stadtgeschichte Frankfurt a.M., S5/310

[v] Brief Rudolf Ronnefeldt an die Handelskammer Frankfurt vom 22.12.1923, Institut für Stadtgeschichte Ffm, IHK 535

[vi] Brief Bund deutscher Teehändler an die Königliche Handelskammer vom 25.03.1915, Institut für Stadtgeschichte Ffm, IHK 535

[vii] Brief Bund deutscher Teehändler an die Handelskammer Frankfurt vom 12.04.1916, Institut für Stadtgeschichte Ffm, IHK 1336


Dieser Text erschien erstmals in der Jubiläumsschrift des Deutschen Teeverbandes:
Deutscher Teeverband: 100 Jahre Gemeinsam mit Leidenschaft für Tee. Der Deutsche Teeverband 1917–2017. Geschichte und Geschichten, Hamburg 2017


Der Jubiläumskongress findet am 26. April 2017 in Hamburg statt. http://www.teeverband.de/presse/presse_texte/Rund_um_Tee-Teeverband/2017/TEE100.php

Einkaufen in Höchst am Main

Frankfurt-Höchst wir gerade in sozialen Medien immer ordentlich „gebasht“. Dabei kann man nach wie vor in alteingesessenen Geschäften wie „Fisch Reith“ gut einkaufen. Zudem sind in den vergangenen Jahren einige schöne Läden hinzugekommen: egal ob man auf der Suche nach schönen Keramiken, orientalische Süßigkeiten, Wein oder Whiskey ist, in Höchst wird man fündig!

Irdenglück
Irdenglück

Vielen Frankfurter ist nicht bekannt, dass Höchst nicht nur einen sehr schönen Marktplatz hat, sondern auch eine kleine Markthalle; dort herrscht dreimal die Woche munteres Treiben.

Höchster Markthalle
Höchster Markthalle

2015 und 2016 gab es die Stadtführung Höchst KÄUFLICH im Programm Höchst SEHENSWERT des  Frankfurter Presse- und Informationsamtes. Die Stadtführung geleitete zu den unbekannten Shoppingorten im Stadtteil und war immer gut besucht; auch der Zusatztermin ist restlos ausgebucht.

Hoffen wir, dass Höchst SEHENSWERT auch im kommenden Jahr organisiert wird.

https://www.stadtfuehrerei.de

Eine Teereise daheim

Fast ein fester Bestandteil einer jeden meiner Städtereisen ist die Suche nach einem lokalen Teeladen. Egal wo auf der Welt. Und manch ein Teeladen ist mittlerweile eine feste Anlaufstelle beim erneuten Besuch der Stadt geworden. Doch dieses Wochenende bleibe ich daheim und trinke mich in die Ferne; das Teeregal ist gut gefüllt mit allerlei Kostbarkeiten.

SAMSTAG

Mein Tee am Samstagmorgen: Tai ping hou kui von Teeodor in Basel. Die schreiben ihn Thaiping Houkui mit dem Zusatz „Grauer Frieden“. Die ersten zwei Aufgüsse schmeckten etwas nach Räuscherfisch, was zum heutigen Frühstück mit Lachs und geräucherten Garnellen passte, aber auchmit den Käse-Schinken-Crèpes harmoniert. Die Teeblätter siehen ein bisschen aus wie getrocknete Algen. Ab dem dritten Aufguss verschwindet dieser erste Geschmack und eine angenehme leichtsüße Fruchtigkeit kommt hervor. Es ist Zeit für einen Schokoladencremecrèpe.

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Zum Nachmittagstee Shibi Baked High Mountain aus Taiwan von Culot Thé in Nizza. Vor dem Aufgießen sehen die gerollten Blätter wie Hasenköttel aus. Der erste Aufguss ist grasig, mit den weiteren wird der Tee blumiger. Angenehmer Kontrast zu den butterlastigen Belgischen Waffeln.

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SONNTAG

Proper sunday Breakfast: Man kann süß frühstücken, man muss aber nicht. Heute hatte ich Lust auf Full English Breakfast mit Blackpudding „von der wilden Sau“ – Wildschweinblutwurst vom Flörsbacher Hof. Dazu, ganz unenglisch, ein besonderer Tee: Pu-Er Sauvage aus dem Jahr 1994 von Nana Ding in Straßburg. Und das ist ein wahrhafter Sonntagstee. Zuanfangs ein bisschen spitz und erdig wird er mit dem dritten Aufguss etwas süßlicher und runder, bleibt aber kräftig.. Was ebenso bleibt ist die dunkelorange-braune Farbe auch im sechsten oder siebten Aufguss. Dieser Tee begleitet mich durch den gesamten Sonntag, vom Muntermachen beim Frühstück bis zur Zu-Bett-geh-Tasse.image

Dänische Teekannen und Tassen

Turin liegt nicht in Dänemark, von Frankfurt aus gesehen liegt die Stadt nicht einmal in Richtung Skandinavien. Und Italien ist nicht als Teeland bekannt; schon Marco Polo ignorierte den Tee in China.

Aber Design ist wichtig in Italien. So findet sich das ein oder andere schöne Teegerät in Städten wie eben Turin. Zum Beispiel in dem wunderbar dekorierten Laden Parrot & Palm (Via Maria Vittoria 28/G, 10123 Torino). Neben Kleidern, Schuhen, Hüten, Düften lassen sich dort Teegefäße erwerben. Tassen und Kannen direkt aus China, aber eben auch aus Dänemark.

Parrot1

Einer der kleineren Teekannen aus China habe ich vergangenes Jahr dort gekauft, mit blauem Blumenmuster und Basthenkel. Ich benutze sie gerne und auch oft.

Dieses Jahr sah ich bei einem erneuten Besuch in Turin Kannen und Tassen in sehr attraktiver Form; die Tassenwandung für Steingut erstaunlich dünn, mit einem dünnen, schwarzen Streifendekor. Ich musste mich mit meinen Käufen zurückhalten, aber diese Geräte sind auf meiner Wunschliste. Sie stammen aus der Casablanca-Serie des dänischen Handelshauses Ib Laursen. Das einzig schade ist das Fehlen einer Untertasse. Als Alternative gibt es nur den quadratischen „Miniteller“, den es allerdings nicht im besagten Streifendekor gibt.

Parrot2

 

Ebenfalls auf meiner Wunsch- und Beobachtungsliste ist ein unzerbrechliches Tassen- und Untere-Paar für die Reise. Es ist ein Netzfund: Eve’s Emaille von der belgisch-französischen Firma Zangra.

Gulasch mit Hühnerherzen

Ich muss mich immer zügeln, dass ich nicht schon bei der Zubereitung alles aus dem Topf löffele: Wenn es draußen ein bisschen kälter ist, und die Lust auf ein inneres Feuer steigt, dann koche ich dieses einfache Gericht:

Zutaten:
1kg Hühnerherzen
1kg Zwiebeln
1 kleines Stück Butter (ca. 40g)
2 gestrichene EL mildes Paprikapulver
1 gestrichen EL geräuchertes Paprikapulver
nach Belieben auch ein bisschen Kümmel
Salz und Pfeffer

kleine Kartoffeln halbiert mit Schale (oder)
geviertelte Champignons.

Die Herzen im Topf mit der Butter leicht anbraten, die nicht zu klein geschnittenen Zwiebeln dazugeben und glasig werden lassen. Die beiden Paprikapulver dazugeben, umrühren, die Kartoffeln dazu geben und mindestens eine Stunde köcheln lassen. Immer wieder ein wenig Wasser nachgießen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Kurz vor dem Servieren die geviertelten Pilze dazugeben.