I. H. Hoch
Von der Bereitung des Thees / Etwas über Thee-Geräthe / Etwas über Thee
Aus: Vollständiger Theetisch, oder die Kunst, einem vornehmen Zirkel auf das Eleganteste zu serviren. Ein Rathgeber für angehende Mundköche, Wirthe, Hausfrauen, Köchinnen u. besonders Haushälterinnen, Dresden 1865
Von der Bereitung des Thees
In auserwählten Zirkeln war es schon längst, selbst in großen Häusern, Sitte, und ist es noch, daß die Hausfrau oder eine dieser Würde entsprechende Freundin, den Thee in Gegenwart der Gäste bereitet. Diese lobenswerthe Einrichtung gewährt den Gästen einen zweifachen Genuß; denn es ist gewiß nicht zu läugnen, daß der schön geordnete Theetisch, das glänzende Theegeräthe, und selbst die freundliche Geschäftigkeit, mit welcher die Wirthin Alles beobachtet, was diesem einfachen Getränk mehr Werth geben kann, einen angenehmen Eindruck auf die Gäste macht. Der zweite Vortheil dieser Einrichtung ist, daß er alle unnöthige Bedienung entfernt, welche oft genug hinreichend ist, jeden Ausbruch froher Laune zu unterdrücken und die witzigsten Einfälle schon auf der Zunge ersterben zu machen, denn leider fehlt es nicht an Beispielen, daß ganze Familien durch Wiedersagen ihrer Dienerschaft entzweit wurden, und wie lästig ist es schon, immer auf der Huth zu sein, nicht diesen oder jenen vielleicht interessanten Gegenstand berühren zu dürfen, nur um von diesen Leuten nicht mißverstanden zu werden. Denn nur unter gebildeten Menschen darf jeder seine Meinung unbefangen äußern, ohne zu fürchten, anstößig zu werden. –
Die Bereitung des Thees ist zu einfach und allgemein bekannt, um etwas hierüber zu sagen, nur diese Erinnerung sei mir erlaubt: das Theewasser muß so schnell als möglich ins Kochen gebracht werden, damit es keinen Rauchgeschmack annehmen kann, welcher auch den besten Thee seine Güte benimmt.
Die Theekanne muß vorher mit kochendem Wasser ausgespült werden, auch mit Wasser aus der Maschine nicht auf einmal, sondern mach und nach vollgemacht werden, damit der Thee seine Kraft gehörig von sich geben kann. Nun wird in die Tassen, in jede etwas, von diesem ersten Aufguss gegossen; die Kanne wieder voll Wasser gefüllt, und nun mit diesem zweiten Aufguss die Tassen vollgemacht. Bei den folgenden Aufgüssen wird wieder etwas Thee in die Kanne gethan, damit selbiger immer einerlei Farbe behält. Der Rahm, so wie für die Herren Arak oder Rum, nebst einer Schale mit Zucker werden besonders herum gegeben, und Jeder wählt sich nach Belieben.
Mit dem Thee müssen zugleich ganz dünn geschnittne Scheiben von weißem Brode, welche man leicht mit Butter bestreicht und zusammenlegt herum gegeben werden, das übrige Gebäck ist willkürlich, aber Butter-Schnitte dürfen niemals fehlen.Etwas über Thee-Geräthe.
Das Theegeräthe ist, sowie Alles, was den Menschen umgiebt, der Mode unterworfen. An bessere Formen gewöhnt, haben wir die alten Maschinen schon lange in die schönsten Antiken-Urnen umgewandelt: auch die Tassen dürfen sich nicht menr in ihrer ursprünglichen Gestalt zeigen; sie erscheinen jetzt als Opferschaalen, mit den lieblichsten Gegenständen aus der Götterwelt geschmückt, und bieten mir dem Thee zugleich Stoff zur Unterhaltung.
Die Theemaschinen sind größtentheils von Silber oder von bronciertem Kupfer, mit im Feuer vergoldeten auch mit Silber plattirten Verzierungen, und sind in so schönen und so mannigfaltigen Formen zu finden, daß man glauben könnte, es bliebe den Künstlern in diesem Fach nicht mehr zu erfinden übrig. Auch hier hat man einen geschickten Kupferschmied, welcher nach vorgelegten Zeichnungen ganz vortreffliche broncierte Arbeit liefert, es ist der Hof-Kupfer-Schmied Herr J. C. H. Dietze in Dresden.
Die Theekannen und Rahmgüsse sind gewöhnlich von Silber, Porzellan oder Crystall, die Theelöffel sind gewöhnlich von Silber, auch von Silber und vergoldet, die Teller und Schüsseln zum Backwerk sind von Steingut, mit roth und schwarzen Kupferstichen, sie sind sehr beliebt, wmpfehlen sich durch ihre Leichtigkeit und schöne Auswahl der Gegenstände und ersetzen das theure Porzellan, ohne etwas Gewöhnliches zu scheinen.
Etwas über Thee
Um sich beim Einkauf dieses theuern Artikel gehörig vorsehen zu können, so will ich hier die mir bekannten Hauptsorten nebst deren Eigenschaften genau beschreiben. Bekanntlich wird der Thee in zwei Hauptsorten eingetheilt, nämlich in schwarzen oder Thee bohe, Thee buh, und in sogenannten grünen Thee. Der Thee buh besitzt eine schwärzliche Farbe und hat einen zusammenziehenden, etwas bittern Geschmack, und riecht etwas rosenartig. Er besteht aus kleinen schmalen Blättern, die zuweilen auch zu Pulver gestoßen beigemischt sind.
Der Concho-Thee hat einen starken, angenehmen und veilchenartigen Geruch; er ist nicht so dunkel wie der gemeine Thee buh und sein Aufguß davon sieht blässer aus.
Der Karavanen-Thee, welchen man über Kyächta an der chinesischen Grenze durch Rußland erhält, ist unsteitig die feinste Sorte des Thee buh. Seine Blätter sind nicht zusammengerollt. Er kommt in kleinen Packetchen oder großen Büchsen und ist der kostbarste und theuerste, weil man sicher ist, daß er nicht vom Seewasser gelitten hat. Wegen seines lieblichen Geruchs glaubt man, daß er mit aromatischen Kräutern angemengt worden ist.
Der Becko-Thee besteht aus weiß punktirten Blättern. Er ist von schwarzgrauer Farbe, und findet man kleine weiße Blüthen beigemischt. Beim Aufguß zieht er geschwind und hält lange Farbe, hat sowohl trocken als gekocht einen starken Geruch und schmeckt sehr angenehm.
Kaiser-Thee, auch Theeblüthe, Blumenthee gennat. Dieses ist die feinste Sorte Thee und daher auch sehr theuer. Die Blätter sind zusammengedreht und müssen ein mattgrünes Ansehen haben, ihr Geruch ist zwar nicht stark, aber sehr angenehm und ihr balsamischer Geschmack ist ausgezeichnet.
Grüner Thee. Die Blätter isnd kraus und haben ein grünliches oder graugrünliches Ansehen, färben auch das Wasser grünlich-gelb. Wenn man denselben trocken kaut, so ist der Geschmack etwas brandig, und der Geruch violenartig.
Heysan-Thee – dieser ist die beliebste Sorte von grünen Thee. Es muss, wenn er gut sein soll, kleine fest gerollte Blätter haben von blaugrüner Farbe, welche, trocken gekaut, etwas brandig schmecken und einen grünlichen Aufguss geben. Er hält lange Farbe und hat dabei einen angenehmen Geschmack.Saquim-Thee oder sogenannter Lisabnischer-Thee, hat alle Eigenschaften des Vorigen, nur sind die Blätter kurz, schmal, grob, länglich gerollt und fallen mehr ins graugrüne.
Anmerkungen
Digitalisierter Originaltext:
SLUB Dresden. urn:nbn:de:bsz:14-db-id3255841419
http://digital.slub-dresden.de/id325584141
S. [302852]-[302863], Tafel 136 / S. [303208]