Begriffe und Voraussetzungen
Das Tischgedeck (auch: Kuvert, oder frz. Couvert) bezeichnet Dinge wie Besteck, Geschirr, Tischwäsche und Dekoration, die pro Teilnehmer eines Essens eindeckt werden und ausschließlich von dieser Person benutzt werden. Die Anzahl der Gedecke gibt die Anzahl der erwarteten Gäste wieder, was heute ein Abendessen mit 40 PAX (persons approximately/erwartete Personen) ist, nannte man früher ein Dîner mit 40 Couverts. Die Gesamtheit aller Dinge, also die Gedecke sowie weiteres Besteck, Geschirr, weitere Tischwäsche und Dekoration, die auf dem Tisch eingedeckt werden, nennt man Tafelarrangement.
Regeln für das Eindecken von Esstischen sind nicht nur national unterschiedlich, auch Fachliteratur des jeweiligen Kulturkreise ist man sich nicht immer in allen Dingen einig. Ein Beispiel ist die Frage, viel Besteckteile vorher eingedeckt werden, oder wieviele Gläser. Allerdings hier nochmals der Hinweis: Die Tischgedeckregeln sind nicht Gesetz. Die einen beruhen auf nachvollziehbaren Gründen, andere sind ohne sachlichen Grund und somit willkürlich normiert. Abweichungen sind gelegentlich aus pragmatischen Gründen unabwendbar, manchmal sind sie dem Design des gedeckten Tisches geschuldet und zeigen die persönliche Handschrift des Gastgebers oder sind Teil des Unternehmens- und Service Designs.
Um die nachvollgenden Erläuterungen klarer und verständlicher zu machen soll hier zunächst ein gedachtes, manchmal aber auch mit Maßstäben oder Fäden am Tisch visualisiertes Hilfsliniensystem eingeführt werden (siehe Abb. Gedeckausrichtung). Die wichtigste Linie ist die Grundlinie. Sie verläuft 1-2cm parallel zur Tischkante, an der der Gast Platz nimmt. An ihr werden Essgeschirr, Platzteller und Bestecke ausgerichtet. In der Mitte des Gedecks befindet sich das Centrum, das so breit und hoch wie der Platzteller oder der größte im Verlauf des Essens benutzte Teller ist. Als Hilfestellung kann ein quer gelegtes Tafelmesser dienen. Rechts vom Gedeckcentrum werden alle Besteckteile unten an der Grundlinie ausgerichtet. Auf der linken Seite orientiert sich das Besteck ebenfalls an der Grundlinie. Jedoch können die Vorspeisen- und Zwischenganggabeln gestaffelt aufgelegt werden. In diesem Fall werden sie anhand der Gabellinie ausgerichtet, die parallel zur Grundlinie auf der Höhe der Zinkenenden der Hauptspeisengabel entlang läft. Mit Hilfe der Gabelinie werden auch die Brotteller ausgerichtet. Das Hauptspeisenmesser bildet die Grundlage für die Messerlinie. Zusammen mit der Kopflinie, die oberhalb des Gedeckcentrums die Stelle für das Dessert- oder Käsebesteck bestimmt, legt die Messerlinie den Punkt fest, an dem das Richtglas steht. Am Richtglas, das in den meisten Fällen das Hauptgangglas ist, orientieren sich alle weiteren Gläser.
Ein Gedeck ist eine Sprache, die den Teilnehmern eines Essens mehr Informationen vermittelt, als die bloße Feststellung, dass sich vor ihnen Besteck, Geschirr und Tischwäsche befinden. Der Gastgeber teilt durch die Anordnung der einzelnen Gedeckbestandteile seinen Gästen mit, welches Besteck und Geschirr als nächstes genutzt werden soll, um welche Arten von Speisen und wieviele Gänge ungefähr zu erwarten sind, und aus welchem Kulturkreis der Veranstalter oder Gastgeber kommt. Diese Gedecksprache gehört zu den Zeichensytemen beim Essen (zu der auch die Bestecksprache gehört) mit der Gastgeber, Gäste und Servicepersonal Informationen austauschen können.
Grundregeln
Ein Gedeck sind die auf einem Tisch oder einem Tablett eingedeckte Tafelgeräte für eine Person.
Beim Eindecken können Löffel und Gabeln mit der Spitze bzw. mit den Zinkenspitzen entweder nach oben oder nach unten eingedeckt werden. Werden Löffel und Gabel mit der Wölbung der Kelle (oder Laffe) nach oben eingedeckt, nennt man das „à la mode française“ (im amerikanischen auch „continental style“ genannt), andersherum, mit der Wölbung nach unten, nennt man es „à la mode anglaise“ (im amerikanischen auch „Amerikan style“). Die Eindeckung „à la mode française“ war bis ins 19. Jahrhundert an fast allen europäischen Adelshöfen zu finden. Heutzutage sieht man die „umgedrehten“ Löffel und Gabeln noch gelegentlich in der gehobenen Gastronomie in Frankreich, sowie bei Staatsbanketten in Luxemburg, Östereich, Dänemark, Schweden und Norwegen.
Löffel für Suppen
Die Wahl des Löffels für eine Suppe richtet sich nach dem verwendeten Gefäß, in dem die Suppe serviert wird. Wird die Suppe in einem Suppenteller serviert, wird der Suppenlöffel eingedeckt, kommt die Suppe in einer Suppentasse mit Untertasse, wird ein Tassenlöffel eingedeckt oder auf der Untertasse angelegt. In jedem Fall auf der Unteren angelegt wird der Kaffeelöffel bei Spezialsuppen, die in einer kleineren einhenkeligen Tasse serviert werden. Der Henkel sollte nach rechtsweisen, in manchen Gastronomischen Betrieben wird er nach links weisend eingedeckt. Hinter beiden Versionen steckt ein unterschiedlicher Gedanke. Mit dem Henkel nach links eingedeckt soll es dem Gast ermöglicht werden, die Tasse mit der linken Hand zu kippen, um den Rest der Suppe besser auslöffeln zu können. Mit dem Henkel nach rechts soll dies und das damit verbundene Klappern vermieden werden; der Gast soll den Rest direkt aus der Tasse trinken.
Erweitertes Gedeck
Besteckanordnung bei mehreren Gängen
Anordnung von Trinkgefäßen
Der Platz für die Gefäße ist rechts oberhalb (beim Französischen Gedeck oberhalb) des Gedeckcentrums. Bei der Anordnung der Trinkgefäße (Kelche, Becher und Tassen) ist man freier als bei der Anordnung von Besteck. Bedingt durch unterschiedliche Tischbreiten und -tiefen, unterschiedlicher Tafeldekoration etc. lassen sich Eindeckregeln bei den Trinkgefäßen nicht starr fixieren. Einige Grundsätze sollte man aber beachten:
- Die Trinkgefäße werden in der Reihenfolge des Einschenkens und Gebrauchs eingedeckt. Da der Service in der Regel von links passiert, ist die Reihenfolge von rechts / rechts unten nach links / links oben.
- Die Trinkgefäße werden in der Reihenfolge ihrer Größe bzw. Höhe aufgestellt, um auch die hinteren Gefäße erreichen zu können.
Gerade die letzte Regel wird gerne vergessen. Da aber in der heutigen Zeit das Wasserglas unverzichtbarer Bestandteil des Mittags- oder Abendgedeckes ist, und dieses durch alle Gänge benutzt wird, lässt sich der erste Grundsatz nicht immer einhalten. Deshalb steht im Französischen Gedeck das Wasserglas (stets das größte Glas) ganz links.
Eindecken des Brotteller und des Butterstreichers
Die Position des Brottellers ist eigentlich links oberhalb des Gedeckcentrums (in der Grafik mit A markiert). In Deutschland gibt es alternative Möglichkeiten ihn auf der linken Seite unten, mittig oder oben am Gedeckzentrum auszurichten (B1 bis B3).
Die unpraktischste Position des Brottellers ist unten an der Grundlinie (B3). Dort macht er das Ablegen des Handgelenks unmöglich und für die Serviette ist während einer kurzen Abwesenheit ebenfalls kein Platz. Die Position entstand vermutlich bei der übermässigen Belegung von runden Tischen bei Banketten. Durch diese unelegant gequetschte Tischordnung wandert der Brotteller zwangsläufig immer weiter zur Grundlinie. Deshalb gilt, je weiter oben der Brotteller steht, um so besser.
Das Brotmesser bzw. der Butterstreicher ist das einzige Besteckteil, das bei der klassischen Eindeckung eines Couverts für ein Mittagessen oder Abendessen auf einem Geschirrteil liegt und nicht daneben direkt auf dem Tisch. Gängig sind die deutsche (d), englische (e1) und amerikanische Variante (a) der Positionierung auf dem Teller. Nur bei Staatsbanketten in den königlichen Speisesälen in Großbritanien wird der Butterstreicher quer oberhalb des Brottellers direkt auf dem Tisch liegend eingedeckt (e2).
Tischdeck-Komparatistik
Deutsches Gedeck oder Internationales Gedeck
Einfaches oder kontinentales Frühstücksgedeck
Im Gedeckcentrum steht der Frühstücksteller mit der Mundserviette (meist in Dreiecksform gebrochen) oben auf. Links davon an der Eierbecher mit Unterteller und Eierlöffel, rechtsoben die Kaffee- oder Teetasse mit Untere und Tee- oder Kaffeelöffel. Rechts des Tellers wird das (Frühstücks- oder Brötchen-)Messer eingedeckt. Bei einem einzelnen Gast gehören auch die Menagen für Zucker, Salz und Pfeffer dazu. Gefäße Milch oder Sahne, Konfitüren, Butter und Gebäck werden erst nach dem Erscheinen des Gastes oberhalb des Gedeckes, Gefäße für Kaffee, Schokolade oder Tee rechts oberhalb frisch eingedeckt. Sollte es der Ablauf erlauben wird nur die Untertasse vorab eingesetzt, die gewärmte Tasse zusammen mit dem Kännchen eingedeckt.
Erweitertes Frühstücksgedeck
Bei einem umfangreicheren Frühstück, serviert oder am Buffet, befindet sich im Gedeckcentrum ein großer Teller, der Frühstücksteller steht auf der Brottellerposition, ein Eierbecher mit Unterteller links oberhalb des Centrums. Eingedeckt werden links und rechts Mittelgabel und Mittelmesser, eventuell zusätzlich ein Frühstücks-, Brötchen- oder Mittelmesser rechts auf dem Frühstücksteller.
Standardgedeck
Häusliches Gedeck in Deutschland 1930
nach Emma Allestein, Das Kochbuch für die deutsche Küche / Das bürgerliche Kochbuch – Das Handbuch für jede Hausfrau und Köchin, unentbehrlich für Anfängerinnen in der Kochkunst, 33. Auflage, Gera 1930
Im Gedeckcentrum der Speiseteller mit der Mundserviette darauf eingedeckt. Rechts vom Teller liegen (von links nach rechts) Messer, Gabel und Löffel, links vom Teller das Vorspeisebesteck. Oberhalb des Tellers wird schräg der Kompottlöffel, die benötigten Gläser rechts darüber, die Kompott- oder Salatschale links darüber eingedeckt
Deutsches Kaisergedeck
Eine Fotografie von 1899 aus dem Esssalon der SMY Hohenzollern zeigt eine festlich gedeckte Tafel während einer Englandreise des deutschen Kaiserpaares. Die Serviette ist einfach quadratisch gefaltet und enthält das Tafelgebäck.
Auf Fotografien aus dem Exilsitzes des letzten deutschen Kaisers, Haus Doorn in den Niederlanden, ist eine etwas reduzierter gedeckte Tafel zu erkennen. Die Grafik zeigt das Gedeck des Hausherren mit der zusätzlichen Tischglocke. Zudem war anstelle der normalen Tafelgabel für den Exmonarchen die sogenannte „Kaisergabel“ eingedeckt, die ähnlich wie eine Kuchengabel mit verstärkten linken Zinke mit Schneide versehen war. Mit ihr konnte Wilhelm II., der aufgrund einer Geburtskomplikation den linken Arm kaum bewegen konnte, allein mit der rechten Hand speisen. Das eingedeckte Messer nutzte er nicht.
Das französische Gedeck
Eine Besonderheit in Frankreich ist die Eindeckung von Gabel und Löffel „à la mode française„: Gabeln und Löffel werden andersherum eingedeckt, d.h. die Gabelzinken und die Löffelspitze liegen auf dem Tisch, oder andersherum gesprochen, die Gabel- und Löffelrücken zeigen nach oben. Auch wenn man in Frankreich oft die international gängigere Variante („à la mode anglaise„) sieht, die französiche Methode war einmal stilprägend; auch heute noch deckt man in Dänemark, Schweden und Lusemburg bei Festivitäten in den Adelshäusern à la mode française, ebenso am kaiserlich Hof in Österreich bis 1917, was bis heute bei Staatsdîners der Republik Österreich fortgeführt wird (siehe Abschnitt „Das österreichische Gedeck). Auch in England deckte man im französische Stil, allerdings wurde in der viktorianischen Epoche das Besteckeindecken modifiziert. Die Gabel wurde „à la mode française“ eingedeckt, die Gabel „à la mode anglaise“: nennen wir es „à la mode victorienne„. Am englischen Hof wechselte man ab circa 1914/15 in die heute international üblichere Variante.
Das französische Frühstücksgedeck (Le couvert du petit déjeuner)
Im Gedeckcentrum wird eine große Kaffeetasse oder Kaffeeschale mit Untertasse eingedeckt. Rechts liegen von links nach rechts ein (Frühstücks-)Messer und ein Mittellöffel oder Kaffeelöffel à la mode française. Oben links steht ein Frühstücksteller.
[Zeichnung folgt.]
Das formele französische Gedeck (Le couvert du dîner protocolaire)
Als Beispiel dient ein Viergangmenü mit Suppe, Hauptgang, Käse und Dessert. Im Gedeckcentrum steht der Platzteller, rechts davon liegen von links nach rechts das Hauptspeisenmesser und der Suppenlöffel, rechts davon die Hauptspeisengabel, oberhalb davon von unten nach oben die Dessertgabel und der Dessertlöffel, dann das Käsemesser. Über dem Käsemesser stehen mittig ausgerichtet in einer Querlinie die Gläser: (von links nach rechts) das Wasserglas, das (Rot-)Weinglas für die Hauptspeise und das (Weiß-)Weinglas für die Vorspeise. Ein mögliches Sekt- oder Südweinglas für das Dessert würde links neben dem Wasserglas, ein Aperitivglas rechts neben dem Glas für den ersten Gang stehen.
Englisches Gedeck
Formales Gedeck
Eine Besonderheit im anglo-amerikanischen Raum ist die Möglichkeit, das Dessertbesteck ebenfalls rechts und links vom Teller eingereiht in die Speisenabfolge einzudecken. Der Platz oberhalb des Tellers bleibt also frei. Eigentlich hat die allgemein gebräuchliche Regel, das Besteck von außen nach innen zu benutzen, nur hier wirklich Geltung.
Das Einsortieren des Dessertbestecks ist allerdings eine Kann-Regel. Die International bekannte Variante, es oberhalb einzudecken, ist ebenfalls möglich.
Englisches Staatsgedeck
Bei Staatsbanketten wird etwas abweichend eingedeckt. Das Buttermesser wird nicht auf den Teller gelegt, sondern quer oberhalb direkt auf den Tisch oder die Tischdecke (bei Banketten in Schloss Windsor wird auf den blank polierten Holztisch ohne Decke eingedeckt). Darüber steht ein kleines Glasgefäß mit der Butter (b). Der Gläserblock besteht aus sechs (sic!) Gläsern, die bis auf das Schaumweinglas, das Toastglas, ganz rechts bis zum Schluss auf dem Tisch verbleiben. Das Toastglas wird nach dem Toastausspruch abgeräumt, an seine Stelle wird zum letzten Gang, dem Obstgang, das Portweinglas gerückt.
Altes Staatsgedeck
Auf Fotografien um 1900 kann man erkennen, das die Gabeln „à la mode française“ eingedeckt wurden, die Löffel allerdings nicht („à la mode victorienne“; siehe auch -> Französisches Gedeck). Vermutlich übernahm man wie an fast allen Ländern, einhergehend mit der Verbreitung der französischen Küche auch das französische Gedeck, passte es aber den englischen Essgewohnheiten an; Groß-Britanien wird beim Essen die Gabel mit dem Rücken nach oben benutzt.
Teegedeck
Folgt.
Amerikanisches Gedeck
Die Unterschiede zum englischen Gedeck sind minimal. Einzig der Brotteller und das dazugehörige Messer sind anders plaziert. Der Brotteller steht oben links, und der Butterstreicher wird diagonal eingedeckt. Dabei weist die Scheide nach links unten.
Österreichisches Gedeck
Das Standardgedeck
Häusliches Gedeck 1914
nach Rosa Karolina Neuwirth, Die gute österreichische Küche (Neue Auflage des „Salzburger Kochbuches“) für den sparsamen und feineren Haushalt, Salzburg 1914
Im Gedeckcentrum wird von unten nach oben Speiseteller, Suppenteller und Mundserviette eingedeckt. Rechts davon steht das Esszeugrastel (Besteckunterlage), darauf liegen von links nach rechts Gabel, Messer und Löffel. Oben links zur Mitte hin stehen drei Gläser: Wasserglas, Weinglas und Sektschale.
[Zeichnung folgt.]
Staatsgedeck
Altes Staatsgedeck vor 1916