Die Mandel II | Herkunft und Botanik

Teil II

Mandeln: Ursprung, Botanisches, Inhaltsstoffe

Herkunft, früher und heute

Man nimmt an, dass das tatsächliche Ursprungsgebiet im Bereich zwischen Levante und dem Tian-Shan-Gebirge, also zwischen Syrien und Afghanistan liegt. Schon früh breitete sich der Mandelbaum aus. Oder er wurde ausgebreitet, auch bis nach Griechenland. Womöglich ist die Mandel eine der ersten kultivierten Obstsorten überhaupt der alten Welt.

Bereits der griechische Geschichtsschreiber und Geograph Strabon (ca. 63 v. Chr. bis 23. n. Chr.) berichtet über die Meder, ein Volk im Norden des heutigen Iraks:

Während das übrige Medien ungemein gesegnet erscheint, ist das nördliche Gebirgsland unfruchtbar. Dort nähren sich daher die Menschen von Baumfrüchten und machen aus getrocknetem und zerstoßenem Obst Kuchen, aus gerösteten Mandeln aber Brot; (…)

Was dieses Mandelbrot noch enthält, verrät er uns leider nicht.

Die Römer holten die Mandelbäume aus Griechenland nach Italien und verbreiteten sie anschließend in ihren Kolonien in Frankreich, in der Schweiz, in England und in Holland. Auch nach Deutschland brachten die Römer die Mandelbäume, besonders in der Pfalz gibt es noch heute einige größere Bestände. Nach Spanien und Portugal brachten wohl die Mauren die Mandelbäume.

Trotz der ersten Anpflanzungen in der Römerzeit, die Mandeln blieben nördlich der Alpen Importware im Mittelalter, die sich nur die Reichen leisten konnten. Die Mandeln wurden sackweise gehandelt. Transportiert wurden Sie in Holzfässern, und so verpackt auf Fuhrwerken aus dem südlichen Europa über die Handelsstraßen und vielen Handels- und Messestädten in den Nord- und Ostseeraum gebracht.

Die Mandeln waren in gehobenen Haushalten nicht nur wegen ihres Exotentums und Wohlgeschmacks begehrt, sondern auch in den Fastenzeiten, die es damals nicht nur vor Ostern sonder auch vor Weihnachten gab, beliebt, da mit Mandeln Mandelmilch und Mandelkäse hergestellt werden kann, diese und die damit zubereiteten Speisen nicht dem Verzehrverbot von Fleisch, Milch und Eiern unterlagen.

Heute wachsen Mandelbäume rund um den Globus, wenn es nur warm genug ist. Größter Produzent ist allerdings Kalifornien. Gut 80 Prozent der weltweiten Mandelproduktion kommen aus dem US-Staat. Gut 50% Prozent der dort geernteten Mandeln fallen auf die Sorte Nonrareil. Für den Anbau im heißen und regenarmen Kalifornien werden pro Mandel unfassbare 3,7 Liter Wasser verbraucht, was zusammen mit dem weiten Transportweg den Verzehr von kalifonischen Mandeln in Europa nicht gerade zu einem umweltschonenden Vergnügen macht. Das Wasser, das für die exportierten Mandeln pro Jahr von den kalifonischen Landwirten in einem Jahr verbraucht wird, könnte drei Jahre lang die Einwohner und die Industrie der Stadt Los Angeles versorgen. Durstiger ist nur die kalifornische Wallnuss. Unbeachtet des wahnwitzigen Wasserverbrauchs: Die Mandel steht hoch im Kurs, egal ob in der gesundheitsbewussten Ernährungsweise oder als Bestandteil in Schönheitsprodukten: Die Nachfrage nach Mandeln steigt stetig.

Die Botanik

Auch wenn die Mandeln Bestandteil vieler Nussmischungen sind; die Mandeln gehören nicht zu den Nussfrüchten. Der Mandelbaum (prunus dulce) ist ein Steinobstgewächs und naher Verwandter des Pfirsichs (prunus persica), der wie auch die etwas weiter verwandte Aprikose (prunus armeniaca) gelegentlich für Mandelsurrogate herhalten muss. Mandelbäume haben 7-10 cm lange Blätter, die länglich-lanzettlich bis eiförmig und lang zugespitzt sind. Von den Aprikosen mit ihren fast runden Blättern sind sie einfach zu unterscheiden, die Pfirsichblätter sind viel ähnlicher, allerdings etwas länger und nicht so lang zugespitzt. Der Mandelbaum wird bereits in der Capitulare de villis vel curtis imperii, der Landgüterverordnung Karls des Großen, in der Liste der Bäume als amandalarios geführt.

Der Mandelbaum liebt Sonne, verträgt aber auch winterliche Temperaturen bis minus 20 Grad und überlebt auch in sehr trockenen Gegenden. Während der Blüte und der Fruchtreife ist Trockenheit sogar erwünscht. Allerdings reagiert der Mandelbaum auf allgemeinen Wassermangel mit Ausbildung von nur wenigen Früchten. Mit seine Blütezeit von Ende Januar bis Mitte April ist der Mandelbaum der Vorbote des Frühlings. Schon Friedrich Rückert dichtete: 

Blüte der Mandeln!

Du fliegst dem Lenz voraus und streust im Winde

Dich auf die Pfade, wo sein Fuß soll wandeln.

In der Pfalz an der Deutschen Weinstraße feiert man in jedem Frühjahr die Mandelblüte, die dort ganze Allee in weiß und blassrosa einfärbt. Erntezeit ist dort im September, dort vorkommende Sorten haben wohlklingende Namen wie Perle der Weinstraße, Prinzessmandel oder Palatina.

Man unterscheidet allgemein drei Arten der Mandel: die Süßmandeln (prunus dulcis var. dulcis), die Bittermandel (prunus dulcis var. amara) und die Krachmandel (prunus culcis var. fragilis).

Süßmandeln und Bittermandeln sind äußerlich kaum bis gar nicht zu unterscheiden. Der Unterschied liegt im Gehalt des Amygdalin, das Pflanzengift cyanogene Glycoside. Das ebenfalls in Steinfrüchten enthaltene Enzymgemisch Emulsin spaltet beim Vorhandensein von Wasser (bei der Zubereitung oder Verdauung) das Amygdalin in Glucose, Benzaldehyd und Blausäure. Während Benzaldehyd für den typischen Bittermandelgeruch sorgt, verursacht die Blausäure eine Vergiftung. Sie hemmt die Zellatmung, besonders das Gehirn und der Herzmuskel reagieren darauf empfindlich. Die Blausäure führt zu Atemnot, Beklemmung, Verwirrung, Benommenheit, Bewusstlosigkeit, Blausicht, Krämpfe und schließlich Herz- und Atemstillstand. 125 mg Blausäure reichen aus, um einen erwachsenen Menschen zu töten. Das entspricht der Menge, die in ungefähr 50 g Bittermandeln, also circa 50 bis 60 Stück, vorhanden ist. Bei echtem Bittermandelöl reichen bereits 10 Tropfen. Bei Kindern ist es entsprechend weniger, ja nach Alter und Größe können 5 bis 10 Bittermandeln zum Tot führen.

Süßmandeln enthalten so gut wie kein Amygdalin, allerdings können Süßmandelbäume bis zu 1% Bittermandeln ausbilden. Werden die Mandeln bei der Zubereitung erhitzt, wird allerdings die Blausäure zerstört.

Im Vergleich mit den Süß- und Bittermandeln und deren harten Schalen zeichnet sich die Krachmandel durch die recht zerbrechlichen, eben leichter aufkrachende Ummantelung der Steinkerne aus. Blotz und Christ unterteilen in ihrer 1821 erschienenen Gartenkunst die Krachmandel ebenfalls in zwei Varianten: Die bittere und die süße Krachmandel.

Ernährungswerte

Nicht geröstete Mandeln enthalten knapp 50 Prozent Fett (mit einem guten Verhältnis von einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren), 25 Prozent Kohlenhydrate und 20 % Eiweiß, daneben viel Vitamin B1, B2 und B6, aber unter anderem auch Flavonoide Phenolsäuren, Vitamin E und einiges mehr. Mandeln sind sehr nahrhaft, sollen aber cholesterin- und blutdrucksenkende Wirkung haben.

Im Unterschied zu den anderen Prunus-Gewächsen lässt sich das Fruchtfleisch nicht essen, es verhärtet lederartig. Eine Ausnahme bilden die grünen Mandeln, auch Aprilmandeln genannt. Damit sind nicht Pistazien gemeint, die gelegentlich ebenfalls grüne Mandeln genannt werden. Es sind die unreifen Mandeln, die bereits im April geerntet und zubereitet werden. Im zweiten Band der Gartenkunst von 1821 ist ein detailliertes Rezept abgedruckt.

Grüne Mandeln einzumachen

Man macht in Frankreich die ganz jungen Früchte, ehe der Kern hart wir, folgender Gestalt ein: Fünf bis sechs Hände voll klar gesiebte Buchenasche wir mit Wasser gekocht, daß es eine starke, zwischen den Fingern fett anzufühlende, Lauge gibt. In diese thut und rührt man die Mandeln mit einem Schaumlöffel fleißig herum, daß sich die Asche nicht setzt. Wenn die weichen Haare von den Mandeln leicht abgehen, so nimmt man das Gefäß vom Feuer, reibt jede Mandel mit einem Tuche ab, und durchsticht sie an einigen Stellen mit einer Nadel, wirft sie in frisches Wasser, und setzt sie damit aufs Feuer, bis sie schäumen. Man deckt das Gefäß zu, damit sie grün werden. Nachdem sie kalt sind, fischt man sie mit einem Schaumlöffel heraus, oder gießt das Wasser durch einen Durchschlag ab, und schüttet die Mandeln in dünnen zerlassenen Zucker. Des folgenden Tages werden heraus genommen, und der Zucker gekocht, daß er drey bis vier Mahl aufwallet, dann werden die Mandeln wieder hinein gethan; dieß wiederhohlt man noch zwey Mahl, und wenn des Zuckers nicht genug seyn sollte, so nimmt man etwas frischen dazu.

Wenn man am vierten Tage den Zucker fünf bis sechs Mahl aufgesotten hat, so läßt man die Mandeln so lange darin kochen, bis er am Löffel Perlen macht. Alsdann läßt man die Mandeln entweder auf einem Siebe abtropfen, wälzt sie in fein gestoßenen Zucker um, und trocknet sie vollends bey einem warmen Ofen; oder man thut sie in ein Gefäß, und gießt den genugsam verdickten Zucker darüber. [J. F. Blotz / J. C. Christ]

Nach dem Lesen des ausführlichen Rezept aus der Gartenkunst lassen sich auch die Rezepte aus dem Pfälzer Kochbuch der Anna Bergner besser verstehen:

Grüne Mandeln

Zutaten

12 Pfd. (6kg) enthaarte unreife Mandeln mit Fruchtfleisch

4 Pfund (2kg) Zucker

Wasser

Anweisungen

Lege grüne Mandeln die noch nicht ausgewachsen sind und sich mit einer Nadel leicht durchstechen lassen, in helle kochende Lauge und lasse sie so lange darin stehen, bis sich das Wollichte abstreichen läßt. Sie dürfen in dieser Lauge nicht kochen, sondern nur heiß und zuweilen herumgerührt werden. Dann stichele sie mit einer Nadel und koche sie im Wasser bis sie von der Nadel abfallen. Hierauf läutere auf 12 Pfd. Mandeln 4 Pfd. Zucker. koche sie darin 6 Minuten lang, lasse sie wieder in irdenen Geschirren steen und verfahre so 4 Mal, bis sie gut geworden sind; alsdann bewahre sie in Gläser, mit Blase zugebunden, auf.

Quelle: Anna Bergner: Pfälzisches Kochbuch, Mannheim 1858 [online auf Google Books]

Grüne Mandeln in Branntwein aufzubewahren

Anweisungen

Verfahre wie oben, und wenn sie 3 Mal gekocht haben, so gieße de gehörige Quantität Branntwein hinzu und bewahre sie gut auf.
Quelle: Anna Bergner: Pfälzisches Kochbuch, Mannheim 1858 [online auf Google Books]

In Ländern wie der Türkei werden die Aprilmandeln auch für herzhafte Gemüse und Saucen verwendet.





Die Mandel – Die Schöne und Noble aus dem Morgenland

Mandeln sind heute alltäglich, man rührt sie morgens ins Müsli und knabbert sie abends in der Bar zum Cocktail. Und was wäre Weihnachten ohne gebrannte Mandeln, Makronen, und die vielen mit Mandeln dekorierten Gebäcke? Ohne Marzipan würde man viel seltener an Lübeck denken, ist die Stadt doch das deutsche Mekka dieses Haremskonfekts, wie Thomas Mann es nannte.

Im Mittelalter waren Mandeln noch die schönen und sehr teuren Exoten aus dem fernen Morgenland, der Kaviar unter den Nüssen und Kernen. Zur Haute Cuisine zählten Mandelbrei und Marzipan, und in der mittelalterlichen Küche war die Mandelmilch die Allzweckwaffe zur Veredelung unzähliger Speisen.

Rezepte für Suppen, Fleisch- und Fischgerichte bis hin zu Desserts und Getränken: die Mandel ist nicht nur nahrhaft sondern auch vielseitig. Und die Geschichte europäischer Mandelrezepte ist gelegentlich kurios.

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